Muay Thai ist eine der ältesten und traditionsreichsten Sportarten der Welt. Viele Informationen und Aufzeichnungen haben die langjährige Geschichte nicht überstanden und sind in Wirren von Krieg und Zerstörung verloren gegangen. Muay Thai World hat nach ausführlicher Recherche die Geschichte des Muay Thai rekonstruiert.
- Muay Thai Geschichte: Die Geschichte eines Volkes
- Muay Thai Geschichte – Anfangs eine wirkungsvolle Waffe
- Muay Thai als Sport – Abseits des Schlachtfeldes
- Die goldenen Zeiten in der Geschichte des Muay Thai
- Von Dorfplätzen und Kokosnussschalen
- Muay Thai als Schulfach
- Der legendäre Tiger-König
- Die 1930er Jahre – radikale Änderungen
- Die Gewichtsklassen
- Orte des Ruhmes – Die Muay Thai Stadien
- Keine Einbußen durch den Wandel im Muay Thai
Muay Thai Geschichte: Die Geschichte eines Volkes
Die Geschichte des Muay Thai ist ein Stück weit auch gleichzeitig die Geschichte des thailändischen Volkes. Eng miteinander verbunden ist beides auch heute noch. Muay Thai spielt im Alltag Thailands eine wichtige Rolle.
Leider weist die lange Geschichte einige Lücken auf. Als die Armee der Burmesen die königliche Hauptstadt Ayutthaya 1763 dem Erdboden gleich machte, gingen unzählige Informationen unwiederbringlich verloren.
Der uns heute noch überlieferte Part der Geschichte des Muay Thai stammt aus verschiedensten Quellen. Zum einen sind das Niederschriften der Burmesen, Kambodschaner und frühen europäischen Besucher des Landes. Zum anderen die Chroniken des Lana Königreichs – Chiang Mai. Im Allgemeinen wird der Kampfkunst des Muay Thai ein Mindestalter von 800-1.000 Jahren nachgesagt.
Muay Thai Geschichte – Anfangs eine wirkungsvolle Waffe
Mit Sicherheit ist aber überliefert, dass die Geschichte des Muay Thai auf den Kriegskünsten des alten Siam Reiches fußt und in seiner ursprünglichsten Form wichtiger Bestandteil der militärischen Ausbildung war. So wurden thailändische Soldaten auch in der Kunst des waffenlosen Kampfes geschult. Denn wenn ein Krieger seine Waffe verlor, musste dieser ebenso in der Lage sein, seine Gegner unschädlich zu machen. Mit der Zeit entwickelten sich daraus hocheffektive Techniken, welche bald gefährlicher und tödlicher sein sollten als die Waffen, die sie eigentlich nur ersetzten.
Muay Thai als Sport – Abseits des Schlachtfeldes
Wie sich Muay Thai dann auch abseits des Kriegsfeldes endgültig etablierte, lässt sich erst ab der Herrscherzeit von König Prachao Sua – The Tiger King – mit Sicherheit nachvollziehen. Da Muay Thai auch immer die Sportart der Könige war und somit wichtiger kultureller Bestandteil des Lebens in Thailand, begann der kämpfende König die ersten Kämpfe zu veranstalten und auch selbst auszutragen.
Dabei begab er sich oft inkognito in die Dörfer außerhalb der Stadt und trat stets erfolgreich gegen die lokalen Muay Thai Champions an. Da sich die Nation zu dieser Zeit in Frieden befand, befahl der König die Armee durch intensives Muay Thai Traning in Form zu halten und intensiv in dieser Kampfkunst zu schulen. Das Interesse am Muay Thai war zwar auch vor dieser Maßnahme groß, nahm aber danach deutlich zu.
Das Thai Boxen wurde nach und nach zur Sportart Nummer 1 in Thailand und erfreute sich beim Volk, der Armee und dem König höchstpersönlich größter Beliebtheit. Menschen aus allen Gesellschaftsschichten strömten in die Muay Thai Schulen und Camps des Landes, um die ehrwürdige Kampfkunst zu erlernen.
Jedes Dorf hatte seinen eigenen Ring und hielt regelmäßig Kämpfe mit benachbarten Lokalmatadoren ab. So entwickelte sich ein unglaublich großer Lokalpatriotismus und die Dorf-Champions genossen große Anerkennung. Auch die lange Tradition des Wettens auf den Ausgang des Kampfes entstand zu dieser Zeit. Heut ist dies populärer denn je und die Summen um ein Vielfaches höher. Wer schon einmal in einer Muay Thai Arena in Bangkok gewesen ist, der wird verstehen, was wir meinen…
Die goldenen Zeiten in der Geschichte des Muay Thai
Thai Boxen war zweifelsohne seit jeher populär. Doch zu den goldenen Zeiten erfreute sich die Kunst des Muay Thai besonders großer Beliebtheit. Unter der Regentschaft König Ramas V. wurden die Muay Thai Kämpfer sogar mit militärischen Ehrentiteln ausgezeichnet. Auf diesen Titeln ruhte ein ebenso hohes Preisgeld wie Ansehen. Heutzutage kann man die Bezeichnungen wie Muen Muay Mee Chue von Chaiya sinngemäß mit Major des Boxens übersetzen. Eine genau Übersetzung ist allerdings nicht mehr möglich.
So war es auch König Rama, der die ersten Muay Thai Camps einrichtete und Talentsucher in die entferntesten Winkel des Landes entsandte um die vielversprechendsten Muay Thai Talente Thailands zu rekrutieren. Die Besten kämpften schließlich um große Preise, Ruhm und Ehre. Auch heute machen sich nicht wenige Kämpfer genau diese Männer von damals zum Vorbild und versuchen in den besten Stadien Bangkoks die Menge für sich zu gewinnen.
Von Dorfplätzen und Kokosnussschalen
Bis zur Einführung des uns heute bekannten Muay Thai Rings durch König Rama VI., fanden die Muay Thai Kämpfe auf jeder erdenklichen Fläche mit der richtigen Größe statt. So konnte dies zum Beispiel ein Hinterhof oder auch der Dorfplatz sein. Auch die Rundenzeiten wurden damals mit viel Einfallsreichtum ermittelt. Es wurde eine Kokosnussschale mit einem Loch versehen und in ein Behältnis voll Wasser gesetzt. Bedingt durch das Loch füllte sich die Schale langsam mit Wasser. Wenn diese schlussendlich versunken war, ertönte ein Gong. Auch die Einführung einer genormten Zeitnahme mit der Uhr ist auf König Rama VI zurückzuführen.
Muay Thai als Schulfach
Da Muay Thai ebenso Sportart wie militärische Kampfkunst war, und das tägliche Leben der gesamten Bevölkerung dominierte, entschied man sich schließlich Muay Thai als Teil der Schulausbildung zu verankern. Diese Regelung wurde erst in den 1920er Jahren aufgehoben, da die Verletzungsrate der Schüler einfach zu hoch war. Trotzdem hielten viele Menschen an ihrer liebsten Sportart fest und führten das Training in privaten Camps und Sportschulen fort. Nicht zuletzt, aufgrund der Tatsache, dass Muay Thai vom König bis zum einfachen Mann einfach von jedem betrieben wurde.
Der legendäre Tiger-König
Der sogenannte Tiger König war einer der größten Förderer des Muay Thai und beeinflusste die Sportart bis heute maßgeblich. So findet sich sein großer Einfluss nicht nur in vielen Techniken wieder, sondern vor allem auch in der Muay Thai Ausrüstung.
Während der Regentschaft des Tiger Königs wurden zum ersten mal die Hände und Unterarme der Kämpfer mit Pferdehaar umwickelt. Dies tat man letztlich nicht nur um den den Kämpfer zu schützen, sondern auch um mehr Schaden am Gegner anzurichten. Später wurden die Pferdehaare dann durch Hanfseile oder verstärkte Baumwollsteifen ersetzt.
Für ganz besondere Kämpfe war es mit Zustimmung der Kämpfer auch üblich Glasscherben mit Klebstoff zu mischen und in die Bandagen einzuarbeiten. Dies richtete ernomen Schaden an und war eine der brutalsten Formen der Auseinandersetzung im Muay Thai.
Außerdem wurden verschiedenste Versionen des Tiefschutzes eingeführt. Da bis zu den 1930er Jahren Kicks und Knietritte unter die Gürtellinie durchaus legal waren, banden sich die Kämpfer Baumrinde und Muscheln um das Gemächt. Später wurden diese dann durch dreieckig geformte Kissen ersetzt.
Die 1930er Jahre – radikale Änderungen
In den 1930er Jahren fanden schließlich die radikalsten Änderungen in der Sportart des Muay Thai statt. Ein Großteil dieser Änderungen sind bis heute gültig und haben den Weg für die aktuellen Regeln geebnet. So wurden als erstes die Arm- und Handbandagen verbannt und durch die heute üblichen Boxhandschuhe ersetzt. Dieser Schritt war auch auf den immer größer werdenden Erfolg der Thai-Boxer auf dem internationalen Parket zurückzuführen.
Zeitgleich fand auch eine Einteilung in Gewichtsklassen auf Basis des Reglements der internationalen Boxverbände statt.
Diese und auch andere Tatsachen, wie die Einführung von 5 Runden, führte dazu, dass viele ursprüngliche Techniken verloren gingen. Die Kämpfer mussten ihren Kampfstil den neuen Regeln und Gegebenheiten anpassen.
Trotzdem wird auch heute noch bzw. wieder bei großen Veranstaltungen in Thailand nur mit Hanfseilbandagen gekämpft. Vor allem das Mega-Event Thai Fight, was regelmäßig an verschiedenen Orten in Thailand vor eindrucksvoller Kulisse abgehalten wird, ist für seinen hohen Show-Faktor bekannt. Meist wird hier mit den traditionellen Hanfbandagen gekämpft, erhebliche Verletzungen gehören zur Tagesordnung.
Die Gewichtsklassen
Vor der Einführung der neuen Gewichtsklassen war es jedem Kämpfer möglich gegen jeden anzutreten. Größe und Gewicht spielten dabei keine Rolle. Allerdings gab es auf diese Weise immer nur einen großen Champion. Dies sollte sich ändern. Heutzutage gibt es für jede Gewichtsklasse einen eigenen Champion.
Zwar kämpfen die meisten Muay Thai Fighter in den niedrigeren Gewichtsklassen, trotzdem kommt es hin und wieder zu Kämpfen in der Mittelgewichtsklasse und selten dem Schwergewicht. Gute 70 Prozent aller Muay Thai Kämpfer gehören den Fliegen- und Bantam-Gewichtsklassen an.
Orte des Ruhmes – Die Muay Thai Stadien
Während der Herrschaft von König Rama VII begann man vermehrt in größeren Stadien zu kämpfen. Zwar reduzierte sich die Zahl der Stadien in der Zeit des 2. Weltkrieges enorm, unmittelbar danach begannen sie aber wie Pilze aus dem Boden zu sprießen.
Es strömten viele Kämpfer aus den ländlichen Regionen nach Bangkok, um in den legendärsten Stadien für Ruhm und Ehre zu kämpfen.
Die Rajdamnern und Lumpinee Stadien waren die besten Adressen, um das Verlangen danach zu stillen. Und daran hat sich auch bis heute nichts geändert. Als dann schließlich Thailands Channel 7 Live-Übertragungen von Muay Thai Kämpfen in das ganze Land sendete, wurde Muay Thai für jeden zugänglich und die Kämpfer auf eine neue Stufe des Ruhmes gehievt. Dies ging sogar so weit, dass junge Kämpfer aus aller Welt nach Thailand reisten, um sich im Muay Thai in der tropischen Hitze zu beweisen.
Die ehemalige Kriegskunst wandelte sich zu einer reglementierten Sportart. Die Einführung der Gewichtsklassen und der fünf 2-Minuten-Runden änderten den Sport dabei grundlegend.
Keine Einbußen durch den Wandel im Muay Thai
Doch selbst durch die strikten Regeln und den Verlust einiger Techniken, verlor Muay Thai nicht an Faszination. Neben der exotischen Ausstrahlung ist auch Mystik nach wie vor fester Bestandteil des Muay Thai. Auch heute noch ist Muay Thai die Kampfsportart, mit der sich etliche Kämpfer anderer Kampfstile messen wollen. So kommen Kung Fu, Karate, und Tae Kwon Do Kämpfer nach Thailand, um sich mit der altehrwürdigen Kampfkunst zu messen, meist ohne Erfolg.
Auch in der Neuzeit populär
Auch zur heutigen Zeit ist Muay Thai die Nationalsportart in Thailand. Die Kämpfe sind so populär, dass sie zu den meist angesehensten TV-Übertragungen in Thailand gehören.
Gerade in den ländlichen Provinzen versammeln sich nicht selten alle Dorfbewohner um ein TV-Gerät um die spektakulären Kämpfe zu sehen. Auch in den Städten sind die Straßen zu Kampfzeiten wie leergefegt.
Zudem wird Muay Thai auch im Ausland immer populärer. Inzwischen finden sich leidenschaftliche Anhänger in den USA, Australien, Japan, Europa und vielen anderen Ländern der Erde. In Europa sind besonders die Niederlande und Frankreich für Ihre ausgezeichneten Kämpfer bekannt. In Asien gibt es inzwischen die One Championship (Gegenstück zur UFC), welche regelmäßig auch reine Muay Thai Fights überträgt.
Die fantastische Muay Thai Geschichte geht also auch in der Neuzeit und Zukunft ungebrochen weiter. Muay Thai erhält mehr und mehr Anerkennung und internationale Popularität. Und das ist auch gut so. Denn Muay Thai ist eine der faszinierendsten Sportarten auf der ganzen Erde und erfüllt wie keine andere eine ganze Nation mit Stolz. Außerdem entwickelt sich die schöne Kampfkunst immer mehr auch zur Fitnesssportart. Generell begrüßen wir das, da die Schönheit des Muay Thai auf diese Weise jedem zugänglich wird und die Gesundheit fördert.